Gefunden bei Der Säzzer
Seit dem Jahr 2001, die Politik der ruhigen Hand (Schröder) war etwas zu ruhig geraten, setzte sich plötzlich und völlig unerwartet die Erkenntnis durch: Wir hätten zu viel Arbeitslose, zu viel Faule und »Parasiten« (Wolfgang Clement). Eigentlich könnte doch jeder Arbeit finden, wenn
»sich die Bevölkerung nur an die sich ändernden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen anpassen (würde). [
] Viele pflegen noch immer Sicht- und Verhaltensweisen, die eher der historisch überholten Industrie- als der neuen Wissensgesellschaft gemäß sind. Politik und Gesetzgebung spiegeln das rückwärts gewandte Denken wider. Nichts zeigt das deutlicher als das überkommene Sozialstaatskonzept.« (Meinhard Miegeln in der Zeit 11/2001 ↗)
Und dieser Terminus des »überkommenen Sozialstaates« wurde von nun an landauf landab durch alle Zeitungen und Talkshows geprügelt. Nachgeplappert ohne Sinn und Verstand (aber immer mit Herrn Prof. Sinn), ohne tiefgehend zu hinterfragen, was die Protagonisten denn damit genau meinten und ohne zu überprüfen ob ihre Behauptungen richtig wären. Und vor allem: ohne auch nur ansatzweise zu begreifen, in welche Richtung die Reise gehen sollte.
So erfanden die Politiker von SPD und Bündnis90/Die Grünen die Arbeitsmarktreformen Hartz I bis Hartz IV, frei von tieferem Verständnis für die Subjekte und Objekte ihrer Umbaupläne.
Wie sonst konnte man im Jahre 2002 verkünden, dass man bis 2005 die Arbeitslosigkeit von 4 Mio. auf 2 Mio. halbieren ↗ würde können? Man hätte also jährlich ein Kontingent von ca. 500.000 neuer Arbeitsplätze schaffen müssen. Dabei dienten die Hartz-Reformen vor allem zweierlei: Einerseits änderten sich die Bestimmungen, welche Menschen ohne Arbeit noch in der Arbeitslosenstatistik auftauchen sollten. Andererseits sollten Arbeitslose auf fiktive Stellen vermittelt werden, indem sie durch (Sanktions-)Zwang offiziell bei Leiharbeitsfirmen angestellt werden. Diese Leiharbeitsfirmen zahlen zwar keine Lohn, wenn nicht gearbeitet wird (außer einem geringen Kontingent an Arbeitern, die immer ständig vermittelbar sind), die Arbeitslosen werden allerdings offiziell nicht mehr als arbeitslos geführt.
Bis heute wurden mehrere Änderungen an den Reformen vorgenommen, die nur ein Ziel hatten. Den Kreis der Personen zu verkleinern, die als arbeitslos geführt werden. Das kulminiert zuletzt in der Form, dass Arbeitnehmer, die von einer privaten Arbeitsvermittlung betreut werden also definitiv noch keine Arbeit haben nicht mehr als arbeitslos geführt werden.
Sowohl die Regierung Schröder, als auch die Regierung Merkel, hat nicht einmal ansatzweise versucht, die Arbeitsmarktproblematik zu entschärfen oder gar zu lösen. Das einzige, was beide Regierungen bieten, sind Scheinlösungen.
Und schlimmer noch: Der Zwang, jede Arbeitsstelle anzunehmen verbunden mit der gesetzlichen Verpflichtung, bei zu geringem Gehalt dieses aufzustocken, hat zu einer Wettbewerbsspirale um die niedrigsten Löhne geführt. War es denn wirklich nicht vorhersehbar, dass Arbeitgeber reguläre Arbeitsplätze durch Jobs mit Dumpinglöhnen ersetzt, wenn sich so der Profit noch einmal steigern lässt? Und konnte man nicht vorhersehen, dass flächendeckend niedrige Löhne zu weniger Konsum führt, dass zu weniger Beiträge für die gesetzlichen Krankenkassen und Sozialkassen führt und diese damit austrocknen?
Geringere Löhne führen aus der Sicht eines einzelnen Unternehmens betrachtet zu mehr Wettbewerbsfähigkeit. Aus volkswirtschaftlicher Sicht, also alle Unternehmen und Konsumenten betrachtend, führen flächendeckend geringere Löhne zwangsläufig zu geringerem Konsum also zu weniger Nachfrage in einer Volkswirtschaft. Geringere Nachfrage führt indes immer zu geringeren Investitionen und zu weniger Wirtschaftswachstum, egal wie sehr man die Steuern für Unternehmen senkt. Zehn Prozent Steuern weniger von Nichts bleibt nichts! Kein Unternehmen wird unternehmerisch tätig, kein Unternehmen nimmt Kredite auf und investiert, wenn kein Absatz der Waren und Dienstleistungen zu erwarten ist. Operation gelungen, Patient kranker als vorher.
Und kann mir mal einer erklären, warum nicht klar gewesen sein soll, dass mit den Hartz-Reformen Millionen von Noch-Arbeitnehmern jetzt von sozialem Abstieg bedroht sind? Wenn ganze Familien innerhalb eines Jahres ihre Lebensverhältnisse radikal ändern müssen? Oder wenn unter 25-Jährige feststellen müssen, dass sie alt genug sind, in Afghanistan oder sonst wo Krieg zu führen aber nicht von zuhause ausziehen dürfen; erwachsene Frauen und Männer!
Was ist mit den mutigen Kleinunternehmern, die durch die Wirtschaftskrise jetzt in große Schwierigkeiten kommen? Ausnahmsweise mal kurzfristig Hartz IV beantragen bis die Krise vorbei ist? Pustekucken! Wenn ein Unternehmer Hart IV beantragt, gelten plötzlich ganz andere Regeln zur Ermittlung des Unternehmensgewinns. Jetzt entscheidet nämlich ein Sachbearbeiter, welche betriebsbedingte Ausgaben in die Gewinn-und-Verlustrechung eingehen und wie hoch der Gewinn ist, der auf Hartz IV angerechnet wird. Und wenn unter solchen Bedingungen das Unternehmen erst recht vor die Hunde geht, muss als nächstes das eigene Unternehmens- bzw. Privatvermögen verwertet werden.
Und auch hier verstehen unsere Politiker nicht einmal ansatzweise die Dimension ihrer sog. Reformen: Der Noch-Unternehmer muss also gerade das, was ihm die wichtigste Grundlage für wirtschaftliches Handeln ist nämlich sein Eigentum, welches er beleihen oder verpfänden kann am Markt verkaufen. Unter Zwang und in der Krise in der Regel unter Wert. So »enteignet« bekommt der Unternehmer nie einen Kredit, um wirtschaftlich schlechte Zeiten zu überbrücken oder gar ein Unternehmen neu aufzubauen.
Mit den Hartz-Reformen zerstörten und zerstören die Regierungen Schröder und Merkelt dauerhaft jeden unternehmerischen Geist, den sie perverserweise (so muss man es sagen) durch die Reformen wecken wollten. Sie plätten die Arbeitsplätze im Bereich der Klein- und Mittelständischen Unternehmen! Weil sie in die Idee verliebt sind, man müsse den Faulen Beine machen, dann würden sie nur Arbeit finden, verschärfen unsere Politiker die Wirtschaftskrise noch.
Und was sagt es schlussendlich über das Menschenbild unserer regierenden Politiker aus, die Menschen damit drohen, ihnen das Existenzminimum auch noch wegzunehmen, wenn diese nicht so funktionieren, wie die Herren und Damen Politiker sich das vorstellen? Wollen wir wirklich in einer Gesellschaft leben, deren Maxime es ist, lieber Millionen Menschen in den sozialen Abstieg zu treiben als nur einen Faulen davonkommen zu lassen? Aber dazu mehr in einem späteren Beitrag.
Disclosure:
An dieser Stelle möchte ich eines festhalten: Eine Marktwirtschaft ist für mich nur dann eine soziale Marktwirtschaft, wenn sie jedem und jeder ein Leben in der Gesellschaft sichert, also keinen Menschen zurücklässt. Wer bereit ist, Menschen dahinvegetieren zu lassen, weil sie nicht so funktionieren, wie sie es einer beliebigen Philosophie gemäß sollen, gehört für mich nicht zur zivilisierten Menschheit. Punkt. An dieser Stelle: Keine Diskussion.
Im vorherigen Beitrag Hartz IV und die Wirtschaftskrise ↙ habe ich mir Gedanken über die Zusammenhänge zwischen Hartz IV und der Wirtschaftskrise gemacht. Ich habe mich gefragt, welche einfachen und vernünftigen Fragen zu Hartz IV sich unsere Politiker nicht gestellt haben und so bis heute dafür sorgen, dass nicht nur Potential für einen wirtschaftlichen Aufschwung geradezu niedergeknüppelt wurde und wird, sondern auch die momentane wirtschaftliche Lage noch verschärft wird.
Es reicht aber nicht, nur Fragen zu stellen. Sie erlauben uns zwar festzustellen, dass SPD Bündnis90/Die Grünen und CDU/CSU arbeitsmarktpolitisch rund um Hartz IV versagt haben (die FDP durfte nicht ran, hätte aber alles nur noch schlimmer gemacht), aber was könnte man besser machen?
Zuerst einmal wird das Existenzminimum durch die Hartz-Reformen und die fehlende bzw. zu späte Anpassung an die Teuerungsrate auf einem sehr niedrigen Niveau festgelegt. Mancherorts und für viele reicht auch das nicht, die Menschen werden zusätzlich von den örtlichen Tafeln mit Lebensmitteln unterstützt.
Dies führt zwangsläufig dazu, dass es bei dieser Gruppe einen Konsum über das Nötigste hinaus nicht geben kann. Und schon an dieser Stelle kann man sagen: Wenn es nur einen geringen Teil der Bevölkerung in einen begrenzten Zeitraum betrifft, wäre es für unsere Volkswirtschaft vielleicht möglich, diesen Zustand zu verkraften. Aber wenn ein signifikanter Anteil der Bevölkerung unter den Bedingungen des Existenzminimums (sic!) eine längere Zeit leben muss und das heißt im volkswirtschaftlichen Sinne: wirtschaften , fördert dies definitiv nicht das Wirtschaftswachstum.
Wir halten fest: Allein das Leben am Rande des Existenzminimums fördert nicht das Wirtschaftswachstum eines ganzen Wirtschaftsraums. Leben am Rande des Existenzminimums (der Arbeitnehmer) hilft nur wenigen Unternehmen, nicht aber unserer Volkswirtschaft als Ganzes.
Zwischenüberlegung ohne Relevanz vorläufiger Schlussfolgerungen:
Wenn es kein oder nur noch geringes Wirtschaftswachstum gibt, wäre es nicht gut, wenn der Staat dann interveniert? Wofür bezahle ich eigentlich meine Steuern, wenn der Staat untätig daneben steht oder die Lage sogar noch verschlimmbessert? Die Antworten suche ich ein andermal.
Kommen wir zum nächsten Punkt der Hartz-Reformen, dem Arbeitszwang. Ich möchte es genauso nennen, wie es funktioniert. Die gesetzlich verankerte Möglichkeit, das Existenzminimum (sic!) auch noch zu kürzen, zwingt viele Arbeitslose in Arbeitsverhältnisse, die sie auf einem freien Markt ohne staatliche Hartz-IV-Sanktionierung nie eingegangen wären.
Wenn denn soziale Marktwirtschaft für marktgerechte Preise sorgen würde, also auch für einen marktgerechten Preis der Arbeitskraft am freien Markt, wäre Arbeit unterhalb des Marktpreises nicht möglich so die Theorie. Jedoch, die Marktteilnehmer, der Anbieter von Arbeitskraft (potentieller Arbeitnehmer gleich Arbeitsloser) und der Nachfrager (Arbeitgeber) treffen seit den Hartz-Reformen nicht mehr gleichberechtigt aufeinander! Der Arbeitslose ist per Gesetz gezwungen, jegliche Arbeit anzunehmen und der Arbeitgeber braucht nunmehr nur noch einen Lohn knapp oberhalb der sozialabgabenfreien durchschnittlichen Entlohnung realexistierender ostasiatischer Lohnsklaven anbieten. Der Staat zahlt ja die Differenz zum Existenzminimum! In der scheinbar sozialen Marktwirtschaft steht der Gewinner stets bereits im vorherein fest: Die Arbeitgeber.
Unter den Bedingungen der gesetzlich festgeschriebenen Vorteile der Arbeitgeber bei der »Lohnfindung am freien Markt« muss zwangsweise das Rattenrennen (Rat Race) um die niedrigsten Löhne folgen. Jeder einzelne Unternehmer, der dieser Logik folgt, handelt bzgl seines Unternehmens rational richtig. Unsere Volkswirtschaft als Ganzes wird jedoch unter diesen Bedingungen immer tiefer in die Scheiße geritten.
Und dagegen muss man was tun!
Wie im letzten Beitrag Hartz IV und die Wirtschaftskrise Reloaded | Teil 1 ↙ geschrieben, haben die Politiker nicht verstanden, was sie mit den Hartz-Reformen volkswirtschaftlich angerichtet haben und noch immer anrichten:
Durch die Hartz-Reformen gibt es ein Ungleichgewicht, was die Preise für Arbeit am Arbeitsmarkt angeht. Der Arbeitslose ist gezwungen, jeden Job anzunehmen, der Arbeitgeber kann fast jeden niedrigen Lohn anbieten, die ARGE gleicht die Differenz zum Existenzminimum aus. Gerade auch aus rein marktwirtschaftlicher Sicht ist solch ein Zustand unsinnig.
Zusätzlich ist ein Leben am Rande oder unterhalb des Existenzminimums für den einzelnen Unternehmer sinnvoll, da er nur geringe Löhne zahlen muss. Ein Wettrennen um die niedrigsten Löhne steht jedoch dem Ziel, Wirtschaftswachstum zu erzeugen, diametral gegenüber.
Was also tun?
Als erstes muss die Subvention der Unternehmen durch Aufstockung der zu geringen Löhne abgeschafft werden. Wenn ein Unternehmen keinen Lohn zahlen kann, um dem Arbeitnehmer ein Leben oberhalb des Existenzminimums zu ermöglichen, dann ist das hergestellte Produkt oder die angebotene Dienstleistung nicht marktfähig. Punkt.
Auf Seiten der Arbeitslosen muss gleichzeitig die Zumutbarkeit jedes Jobs zurückgenommen werden. Nur dann ist der Arbeitslose in der Lage, einen zu schlecht bezahlten (unterhalb des Existenzminimums liegenden) Job abzulehnen, was eine notwendige Bedingung ist, um am Markt überhaupt den Preis für seine Arbeit aushandeln zu können. Dies sollte sogar marktradikalen Protagonisten einleuchten.
Mit der Rücknahme der oben genannten Punkte fallen natürlich auch die Sanktionsbestimmungen bezüglich der Arbeits-nicht-Aufnahme weg. Dies könnte einige (leider wohl eher viele) dazu verleiten, zu sagen: »Dann geht ja keiner mehr arbeiten!«
Aber schauen wir uns doch die Situation im Hier und Jetzt an: Für viele Arbeitslose aber auch für viele Beschäftigte ist der Unterschied zwischen Erwerbseinkommen und staatlicher Alimentierung nicht besonders groß oder gar nicht vorhanden. Aus Sicht eines einzelnen Arbeitslosen ist es daher marktwirtschaftlich völlig rational und richtig, eine schlecht bezahlte Beschäftigung nicht anzutreten.
Wenn wir wollen, dass mehr Menschen eine freie Arbeitsstelle annehmen und nicht aus rationalen Erwägungen lieber zu Hause bleiben, müssen wir das Problem anders lösen. Möglichst mit einer Maßnahme, die unsere Volkswirtschaft gleichzeitig ankurbelt.
Und das ist gar nicht mal so schwierig
Wenn also Herr Westerwelle von der FDP gerade wieder rumposaunt: »Die (faule Arbeitslose) werden bei uns kein Geld bekommen.« (FR, 06.09.2009 ↗) so legt er bereits den Grundstein für marktwidriges Handeln. Denn wie will er feststellen, ob ein Arbeitsloser aus rationalen marktwirtschaftlichen Erwägungen ein Arbeitsangebot ausschlägt oder weil er zu faul ist?
In einer funktionierenden sozialen Marktwirtschaft dürfen marginale Ausreißer keine Rolle spielen, will man nicht das ganze System unterminieren!
Im letzten Beitrag Hartz IV und die Wirtschaftskrise Reloaded | Teil 2 ↙ hatte ich angedeutet, dass man positive Anreize schaffen muss, wenn man mehr Menschen in Arbeit bringen will.
Was unsere Politiker bis heute nicht begriffen haben: Negative Anreize, also Sanktionen bei der Verweigerung, einen angebotenen Arbeitsplatz anzunehmen, setzt eine flächendeckende Abwärtsspirale der Löhne in Gang. Dies betrifft nicht nur den Niedriglohsektor, sondern durch die rückläufige Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen auch den Sektor der Besserverdienenden und vor allem auch den Bereich der Selbstständigen und der Unternehmen. Die gesamte Leistung unserer Volkswirtschaft wird also in Mitleidenschaft gezogen.
Aber wie kann man es richtig machen?
Hier kommt der bei vielen Vertretern der freien Marktwirtschaft so verpöhnte Mindestlohn ins Spiel. Dieser übernimmt zwei Aufgaben:
Zum einen setzt er eine Marke für den niedrigsten Lohn deutlich über dem staatlich garantierten Existenzminimum. Der Mindestlohn erlaubt es dem Arbeitslosen und dem Arbeitgeber, einen Marktpreis für Arbeit auszuhandeln, der für den potentiellen Arbeitnehmer rational marktwirtschaftich gesehen akzeptabel ist. Das ist dann gelebte funktionierende soziale Marktwirtschaft.
Zum anderen hebt er für alle Arbeitnehmer das Lohnniveau dahingehend, dass der Konsum von Gütern und Dienstleistungen flächendeckend ansteigt und somit die Nachfrage am Markt erhöht. Erst die erhöhte Nachfrage erlaubt es Unternehmen, wieder mehr Arbeitnehmer einzustellen und Investitionen zu tätigen. Ein wichtiger Aspekt des Mindestlohns ist, dass er die Nachfrage in der Breite (der Lohngruppen) erhöht und nicht in der Spitze.
Unsere Politiker müssen daher endlich begreifen: Kein rational entscheidender Unternehmer stellt Arbeitnehmer ein und erhöht sein Angebot an Waren und Dienstleistungen, wenn er keine Abnehmer zu findet glaubt. Gleichgültig, wie billig die Arbeitskraft ist.
Unternehmen, die keine Löhne oberhalb des Existenzminimums zahlen können, sind nicht marktfähig. Verdeckte Subvention durch Aufstockung der Löhne zögert das unvermeidliche Scheitern des Unternehmens nur hinaus und zieht gleichzeitig die noch marktfähigen Unternehmen mit in die Tiefe, da sich letztere ihre Löhne (noch) nicht subventionieren lassen. Das Wirtschaftswachstum kann nur zurückgehen.
Und die Arbeitsplätzen, die nun aufgrund fehlender staatlicher Subventionen wegfallen? Ja, diese wird es geben. Aber auch wenn sie in der von den Arbeitgeberinstituten und -verbände prognostizierten Größenordnung wegfallen, so sind sie doch eine vorrübergehende Erscheinung. Der durch den Mindestlohn angestoßene Konsumaufschwung durch die jetzt wieder vernünftig entlohnten Arbeitnehmer und das damit verbunde Wirtschaftswachstum in der Breite zieht schon nach einiger Zeit die Wirtschaft wieder mit hoch und schafft erneut Investitionen und neue Arbeitsplätze.
Also liebe Politiker, hämmert es in Eure Gehirne: Niedrige Löhne machen für einzelne Unternehmen durchaus Sinn, niemals jedoch für die gesamte Volkswirtschaft. Und staatlich subventionierte niedrige Löhne sind marktwirtschaftlich gesehen Unfug ersten Ranges.
Aber nicht nur durch den staatlich initiierten Niedriglohnbereich torpedieren die verantowrtlichen Politiker das Wachstum unserer Volkswirtschaft. Es gibt da auch noch die 1-Euro-Jobs
Im letzten Beitrag Hartz IV und die Wirtschaftskrise Reloaded | Teil 3 ↙ habe ich beschrieben, dass positive Anreize durch einen Mindestlohn Lohnerhöhungen in der Breite und damit zu mehr Wirtschaftswachstum führen.
Das Instrument des Mindestlohns jedoch vermag dann nicht die Leistung unserer Volkswirtschaft zu erhöhen, wenn ein anderes arbeitsmarktpolitisches Instrument, der sog. 1-Euro-Job (oder auch Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung genannt) flächendeckend Menschen in Beschäftigung bringt, wenn es keine zusätzliche Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen gibt.
Halten wir nochmal fest: Mehr Nachfrage nach Waren oder Dienstleistungen zieht mehr Investitionen seitens der Unternehmen und dadurch mehr Arbeitsplätze nach sich. Es ist also die Nachfrage, die Wirtschaftswachstum hervorruft und damit Arbeitsplätze schafft. Umgekehrt gilt: Keine Nachfrage, kein Wirtschaftswachstum.
Ein zusätzlich geschaffener 1-Euro-Job ist also nur dann sinnvoll, wenn er auf eine zusätzliche Nachfrage trifft! Tatsächlich gibt es eine gesellschaftlich gewollte Nachfrage nach Dienstleistungen, beispielsweise im Gesundheitswesen und in der Pflege. Es gibt aber keine marktrelevante Nachfrage!
Trotzdem gibt es ein Heer von 1-Euro-Jobbern, die nicht Däumchen drehen, sondern tatsächlich arbeiten. Nicht nur im Pflegebereich, sondern auch bevorzugt im Gartenbau, in öffentlichen Grünanlagen, bei Mülldeponien und in vielen anderen »Einrichtungen». Dieser scheinbare Widerspruch löst sich allerdings auf, wenn man sieht, dass so gut wie keine zusätzlichen Jobs geschaffen wurden, sondern reguläre sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen durch 1-Euro-Jobs ersetzt wurden.
Wenn also reguläre Arbeit durch 1-Euro-Jobs ersetzt werden, gibt es keine zusätzliche marktrelevante Nachfrage, da niemand bereit ist, für die zusätzliche Dienstleistungen zu bezahlen. Bestehende Artbeitsplätze werden lediglich durch billigere und staatlich subventionierte Arbeitsplätze ersetzt.
Aber dass ist nicht alles. Entgegen jedem marktwirtschaftlichem Sachverstand treten diese 1-Euro-Job mit staatlich subventionierten Dumpinglöhnen zu regulären Arbeitsplätzen in Konkurrenz und schwächen somit deren Preise am Markt. Und wieder führt die Abwärtsspirale der Löhne zu weniger Konsum, zu weniger Nachfrage und zu weniger Wirtschaftswachstum.
Man kann es unseren Politikern nicht oft genug sagen: Was für den einzelnen Betrieb oder auch die einzelne Kommune und karitative Einrichtung sinnvoll und rational ist, nämlich reguläre Arbeitsplätze durch billige 1-Euro-Jobs zu ersetzen, ist für die gesamte Volkswirtschaft schlecht. Geringere Löhne führen zu geringer Nachfrage führen zu weniger Arbeitsplätzen.
Aber der »Sachverstand« unserer Politiker treibt noch absonderlichere Blüten. Wenn man nämlich mal die Kosten für 1-Euro-Jobs mit die Kosten für reguläre Arbeitsplätze vergleicht, kommt man zu erstaunlichen Ergebnissen.
Fortsetzung folgt.